Manche sind eben ein bisschen gleicher …
(von Robert Schneider)
Es gibt Behinderte und Behinderte – das ist allgemein und auch speziell.
Warum ich nicht Menschen mit Behinderung sage?
Das ist schnell erklärt: Einmal sind wir per se alle Menschen – nicht „auch Menschen“ oder „nur Menschen„, wie es so gerne postuliert wird.
Nein, wir sind schlicht und ergreifend Menschen.
Ich selbst fahre ein behindertengerecht angepasstes Auto das ich auf einem Behindertenparkplatz abstellen darf.
Nur weil bestimmte Bildungsverweigerer das Wort behindert als Schimpfwort verwenden, lasse ich mir gerade von diesen nicht vorschreiben, wie ich mich beschreibe. Ja, ich bin und werde behindert!
Doch auch unter Behinderten gibt es deutliche Unterschiede. Da gibt es die, die verzweifelt aus dem Fenster sehen und die böse Welt beklagen. Ich nenne sie die im Tal der Tränen stecken gebliebenen. Dann gibt es die, die ihre Behinderung als Herausforderung ansehen – „´mal sehen, was da noch so alles geht“.
Und dann gibt es die „Berufsbehinderten“, wie ich sie gerne nenne. Das sind die, die ihre meist erworbene Behinderung zum Anlass nehmen, sich über alle Richtlinien hinwegzusetzen. „Ich darf das, ich bin ja schließlich behindert!“
Auf so einen Typ Mensch traf ich auf der gerade zu Ende gegangenen Rehab in Karlsruhe. Die Messeleitung hatte mitgedacht und seitlich an den ausgewiesenen Behindertenparkplätzen Sperren angebracht, damit diejenigen, die seitlich einen Lifter oder ein Rollstuhlverladegerät am Auto haben, auch gut ein- und aussteigen können. Kollege Berufsbehindert fand das eine feine Sache. Seine Assistenz räumte die Absperrung zur Seite und konnte dann sein Fahrzeug noch dicht neben meins stellen. Dann ließ er sich den Seiteneingang öffnen, um direkt in die Halle seines Interesses zu kommen und nicht, wie Krethi und Plethi den Haupteingang benutzen zu müssen.
Ich hatte an unserem Messestand die Tage über vielen Menschen versucht, begreifbar zu machen, dass eine Behinderung keine Unterschiede macht. Für die Behinderung sind wir alle gleich, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Sprache oder sozialem Stand. Der Arbeitslose ist nach einem Unfall genauso behindert, wie die Managerin.
Aber manche sind eben ein bisschen gleicher – Genauso, wie der Kollege, den ich ausrufen lassen musste. Seine Assistenz kam nach einiger Zeit gemütlich daher, um hoheitsvoll die hochgezüchtete Blechkalesche wegzufahren, damit ich auch in mein Auto kam. Das Gesicht der Person zeigte mir deutlich, was sie von der unangemessenen Störung hielt. In der Zwischenzeit hatte ich genügend Zeit, meine Pflege anzurufen, die mich den Abend duschen wollte und sie zu bitten etwas später zu kommen. Meine Frau konnte ich auch noch benachrichtigen, dass ich nicht pünktlich zum Abendessen da sein werde.
Einen Vorteil hatte die Sache: Auf diese Art und Weise war der übliche Freitag-Nachmittag-Stau auf der Rheinbrücke vorüber, so dass ich zügig, ohne anzuhalten, über den Fluss kam.
Man muss nur richtig hinsehen, dann findet sich in jeder Lage noch etwas Gutes!