SGB IX, §83 Abs. 4 ist eine Diskriminierung von Eltern mit behinderten Kindern!
Der Gesetzgeber hat mit § 83 Abs. 4 SGB IX für Minderjährige den Umfang der Leistungen für ein Kraftfahrzeug abschließend ausgestaltet und in Abweichung vom Regelfall des § 83 Abs. 3 SGB IX eingeschränkt. Danach umfassen die Leistungen für Minderjährige ausschließlich den wegen der Behinderung erforderlichen Mehraufwand bei der Beschaffung des Kraftfahrzeugs sowie Leistungen für die erforderliche Zusatzausstattung.
Für die Ermittlung des „wegen der Behinderung erforderlichen Mehraufwands“ ist der hypothetische Anschaffungspreis für ein familien-geeignetes Kraftfahrzeug vom erforderlichen Anschaffungspreis für ein behinderungsgerechtes Kraftfahrzeug in Abzug zu bringen.
Verfügen die leistungsberechtigte Person oder ihre Eltern bereits über ein Kraftfahrzeug, das jedoch dem behinderungsbedingten Bedarf nicht gerecht wird, ist bei der Bemessung der Leistung außerdem – in entsprechender Anwendung von § 5 Abs. 3 Alternative 2 KfzHV – dessen Verkehrswert in Abzug zu bringen, wenn und soweit dieser den hypothetischen Anschaffungspreis übersteigt.
Im Gegensatz zu einer erwachsenen Person mit Behinderung sind Minderjährige von den Leistungen für die Instandhaltung und den Betrieb des behindertengerechten KFZ erforderlichen Kosten ausgeschlossen!
83 SGB IX
Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (Artikel 1 des Gesetzes v. 23. Dezember 2016, BGBl. I S. 3234) (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX)
§83 Leistungen zur Mobilität
(1) Leistungen zur Mobilität umfassen
- Leistungen zur Beförderung, insbesondere durch einen Beförderungsdienst, und
- Leistungen für ein Kraftfahrzeug.
(2) Leistungen nach Absatz 1 erhalten Leistungsberechtigte nach § 2, denen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht zumutbar ist. Leistungen nach Absatz 1 Nummer 2 werden nur erbracht, wenn die Leistungsberechtigten das Kraftfahrzeug führen können oder gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für sie führt und Leistungen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht zumutbar oder wirtschaftlich sind.
(3) Die Leistungen nach Absatz 1 Nummer 2 umfassen Leistungen
- zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs,
- für die erforderliche Zusatzausstattung,
- zur Erlangung der Fahrerlaubnis,
- zur Instandhaltung und
- für die mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs verbundenen Kosten.
Die Bemessung der Leistungen orientiert sich an der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung.
(4) Sind die Leistungsberechtigten minderjährig, umfassen die Leistungen nach Absatz 1 Nummer 2 den wegen der Behinderung erforderlichen Mehraufwand bei der Beschaffung des Kraftfahrzeugs sowie Leistungen nach Absatz 3 Nummer 2.
Was ist behinderungsbedingter Mehraufwand bei der Beschaffung eines Kraftfahrzeug
Behinderungsbedingter Mehrbedarf ist die Differenz zwischen den Anschaffungskosten für das Fahrzeug, das man auf Grund der Behinderung benötigt (z.B.: Größeres Fahrzeug wegen Rollstuhlplatz, Mitnahme des Rollstuhls, wegen Liegefläche zum Wickeln, Mitnahme von Hilfsmitteln) und einem kleineren Fahrzeug, das man als Familie fahren würde, wenn das Kind keine Behinderung hätte, bzw. dem Restwert eines vorhandenen Fahrzeugs
Wie wird der im §83 Abs. 4 bezeichnete Mehrbedarf ausgelegt?
- Ämter verlangen tatsächlich, dass sich die Familie erst mal ein Fahrzeug, in der Größe entsprechend der Zahl der Familienmitglieder, anschaffen muss, damit ein behinderungsbedingter Mehrbedarf entstehen kann oder
- es wird verlangt, dass das vorhandene Fahrzeug verkauft wird und so der Erlös vom behinderungsbedingten Mehrbedarf abgezogen werden kann.
- Was ist aber, wenn die Familie ohne das Kind mit Behinderung gar kein Auto bräuchte, weil sie Fahrrad fahren oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen?
- Was ist, wenn das bisherige Fahrzeug zum Erreichen des Arbeitsplatzes der Eltern zwingend erforderlich ist, nun aber aufgrund der Art und Schwere der Behinderung ein Fahrzeug für den spontanen Transport des Kindes notwendig wird?
- Fakt ist doch, dass ursächlich die Art und Schwere der Behinderung des Kindes ein entsprechendes Fahrzeug notwendig macht!
- Sollte bereits ein behindertengerechtes Fahrzeug vorhanden sein, das jedoch nicht mehr den Anforderungen genügt, so ist dies kein „Mehrbedarf“, sondern eine Ersatzbeschaffung.
- Warum sollen die Eltern für die Kosten für ein behindertengerecht umgebaute KFZ aufkommen, das einzig und allein auf Grund der Art und Schwere der Behinderung des Kindes angeschafft werden muss?
Diese Eltern pflegen ihre Kinder 24/7, bekommen als Pflegegeld nur einen Bruchteil der Kosten / Verdienstausfall, etc. und sind daher in der Regel von Sozialleistungen abhängig. Sie bekommen von Banken keine Kredite, meist nicht mal einen Dispositionskredit. Urlaub oder Freizeit kennen diese Familien nicht.
- 83 Abs. 4 kommt einer Bestrafung dafür, das sie Ihre Kinder pflegen, gleich!
Familien sind zum Teil der Willkür der Beamten ausgesetzt, die die Gesetze dem Wort entsprechend auslegen, anstatt sie der Situation der Familien anzupassen.
Sozialleistungen, die diese Familien bekommen, reichen kaum zum Leben!
Das Kindergeld, wird von den Sozialleistungen als Einkommen abgezogen, obwohl jeder Arbeitnehmer es zusätzlich zu seinem Lohn bekommt!
Außerdem benötigen Kinder mit Behinderungen oft spezielle Nahrung, Inkontinenzmaterial, spezielle Pflegeprodukte, Cremes oder Hilfsmittel (z.B.: Orthesenschuhe, Brillen), die von den Krankenkassen gar nicht oder nur teilweise übernommen werden.
Diese Kinder benötigen oft auch mehr Kleidung als gesunde Kinder, weil bei Inkontinenz auch schnell mal eine Windel ausläuft oder diese Kinder öfter erbrechen und die Kleidung dann mehrmals am Tag gewechselt werden muss.
All diese Kosten werden in diesen Familien vom Pflegegeld bestritten.
Diese schreiende Benachteiligung von Familien mit behinderten Kindern muss aufhören!
§ 83 Abs. 4 muss geändert werden!
Eine Behinderung hat nichts mit dem Alter zu tun. Einzig und allein die Auswirkung und der daraus entstehende Bedarf muss Berücksichtigung finden.
Die Familien benötigen so ein Fahrzeug ausschließlich auf Grund der Art und Schwere der Behinderung des Kindes.
Prinzipiell darf nur der Mensch mit Behinderung und sein jeweiliger Bedarf auschlaggebend sein, nicht das Alter des Menschen mit Behinderung oder das Einkommen und Vermögen der Eltern oder vorhandene Fahrzeuge.

