Manchmal habe ich das Gefühl, dass der eine oder andere Sachbearbeiter seine Machtphantasien am Arbeitsplatz auslebt – inklusive, das Geld der Steuerzahler dazu zu verwenden, Menschen, die ihn um Hilfe bitten, bestmöglich zu schikanieren.
Ganz besonders scheint es diese Schreibtischdespoten zu erregen, wenn sie Kindern mit Behinderungen das Leben so richtig vermiesen können. Da gehen ihnen auch Gesetze und Urteile an dem Körperteil vorbei, mit dem sie an ihrem Thron kleben.
von Robert Schneider
Warum sie das tun? Ich weiß es nicht. Vielleicht hat die Amtsleitung angeordnet, zu sparen. Das geht natürlich am Besten an denen, die sich nicht wehren können.
Wenn wir uns wehren müssen, tragen wir immer das Risiko, auf den Anwaltsgebühren sitzen zu bleiben, denn schlagkräftige Anwälte arbeiten nur selten auf Basis der Prozesskostenbeihilfe.
Ein Sachbearbeiter trägt KEIN Risiko – er nimmt mit einem Pinselstrich einer Familie ein Stück Lebensqualität weg, fast möchte ich schreiben: Er zerstört mit einem Pinselstrich das Leben einer Familie! Prozess-, Verwaltungs-, Gerichtskosten interessieren ihn nicht. Müsste er damit rechnen, das er im Fall einer Fehlentscheidung anteilig mit seinem Gehalt an den Kosten beteiligt wird, würde er vielleicht die Gesetze genauer betrachten.
Das Verfahren ist eine Sache – sie lässt sich in Euro und Cent berechnen. Die aber völlig zu Unrecht erfolgte unnötige extreme physische und psychische Belastung der Eltern, die ohnehin genug belastet sind, sieht keiner. Ganz zu schweigen von der Verzweiflung der Kinder – auch mit einer kognitiven Behinderung bekommen die mit, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Der seelische Schaden, der von diesen Betonköpfen angerichtet wird, ist nicht bezifferbar.
So geschehen ist es auch der Familie Müller. Natürlich heißt die Familie nicht wirklich so. Auch den Verwaltungsbezirk werde ich hier nicht nennen. Aber Müller ist einer der häufigsten Namen. Vielleicht bringe ich ja damit ein paar Leute dazu, darüber nachzudenken, was alltäglich in unserer ach so sozialen Realität geschieht.
Familie Müller könnte es sich einfach machen und das Kind in ein Pflegeheim geben. Nachts durchschlafen, keine teuren Windeln mehr, keinen Rollstuhl durch die Gegend wuchten, auch ein kleineres Fahrzeug wäre drin. Die Heimkosten würden zum größten Teil vom Amt übernommen – Zynismus in Reinkultur.
Bisher haben sie alles selbst gestemmt. Die Wohnung behindertengerecht gestaltet, die Arbeitszeiten so eingerichtet, dass immer jemand beim Kind bleiben kann, der Aufwand mit einem behinderten Kind ist einfach höher. Sogar ein Auto, mit dem sich Kind, Rollstuhl und Pflegehilfsmittel befördern lassen, konnte man sich leisten – gebraucht, aber in gutem Zustand. Nur bei den Umbaukosten, da ging der Familie die Luft aus. Dem Amt war’s egal und so landete die Sache vor Gericht. Die Familie hatte ihr Urteil, aber immer noch kein Auto. Die Sachbearbeitung wollte erst einmal wissen, warum das Auto auf das Kind angemeldet werden sollte. Nachdem das nach vielen Briefen hin und her geklärt war, fehlte der Einkommensnachweis.
Die Familie hatte nur den Umbau beantragt, kein Auto. Der Umbau des Fahrzeugs wird aber über die Eingliederungshilfeverordnung abgewickelt und da wird kein Einkommensnachweis verlangt – außer von unserem übereifrigen Sachbearbeiter. Statt also unsere Familie darüber aufzuklären, fand er wieder einen herrlichen Grund, die ganze Geschichte wieder einmal hinauszuzögern – sehr zur Freude der Anwälte.
Zu guter Letzt bekam die Familie ihren Umbau, die Prozesskosten trägt der Steuerzahler mal wieder. Dafür hätte man bestimmt mehrere fertig umgebaute Fahrzeuge bekommen. Der nächste, der einen Antrag stellt, wird vermutlich erfahren, dass ihm das Beantragte zwar zustünde, aber das Budget für das laufende Jahr bereits ausgeschöpft sei.
Mich wundert es nicht, dass manchmal Menschen in Ämtern Amok laufen.